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Es lebe der Trotz!

Aktualisiert: 1. Feb.

Bekannt wurde Ronja von Rönne mit Anfang zwanzig mit dem Essay Warum mich der Feminismus anekelt“. Ihr Buch „Trotz“ nutzt sie nicht nur als Weg, diesen Medienskandal zu reflektieren, sondern macht sich unter anderem auf die Suche nach „Trotzmomenten“, die unsere Gesellschaft nachhaltig prägen. 


Buchcover von "Trotz". Quelle: Marah Göttsch
„Und doch, immer wieder stampft eine von uns trotzig auf, schon immer und für alle Zeiten wird es den Moment geben, wo müde Augen plötzlich wütend blinzeln und beschließen: ‘Ne, nicht mit mir!’”

Ronja von Rönne hat dem Gefühl, das jede:r kennt, ein Essay gewidmet: dem Trotz. Das Buch will die paradoxen Eigenschaften hervorheben, die das Gefühl gleichzeitig zur treibenden Kraft des Fortschritts und des Widerstands küren, zum anderen aber auch als hemmendes Element charakterisieren. Dabei beschäftigt sie sich nicht nur mit der Menschheitsgeschichte, mit den Frauen im Iran, die ihr Kopftuch ablegen, mit afghanischen Müttern, die für die Bildung ihrer Töchter kämpfen, sondern auch mit sich selbst und ihrem Leben als Trotzkopf, der im erzkatholischen Oberbayern aufwuchs.


Immer wieder spielt dieses Gefühl eine entscheidende Rolle im Leben der 31-Jährigen: So schmückt sie das Buch mit Anekdoten darüber, wie sie als Anfang zwanzig Jährige mit ihrem Text "Warum mich der Feminismus anekelt“ einen Medienskandal anzettelte, deshalb „Linksradikale Twitter-Morddrohungen“ und Polizeischutz erhielt und trotzdem ihre Karriere nicht an den Nagel hing, sondern weiter schrieb. 

Auch das Layout ihres Essays selbst ist thematisch passend gestaltet: Alle Seitenzahlen sind kopfüber abgedruckt, das Buchcover wird geschmückt von gelben Blitzen, mittig thront in violetten Großbuchstaben das Gefühl, um das sich der Essay dreht. 


Am Anfang war der Trotz 


Autorin Ronja von Rönne. Quelle: Carolin Saage, 2023

Anfangs gewährt Ronja von Rönne den Einblick in ihre Jugend, wie ihr bester Freund Martin zum lethargischem, trotzigem, abwechselnd unter- und überzuckertem Reisebegleiter wird. Denn er weigert sich, seine Diabetes-Diagnose und die damit verbundenen Maßnahmen zu akzeptieren, geschweige denn sich Insulin zu spritzen.


Doch das Buch will mehr als Martins Momente nacherzählen. Es will vielmehr dem Trotz als Bremse und als Katalysator auf die Spur gehen, denn das Gefühl sei das Menschlichste der Welt, findet von Rönne.

Man finde ihn sogar schon in der Schöpfungsgeschichte: Eva, gelangweilt vom Paradies, isst trotz Verbot den Apfel, obwohl ihr das Paradies für immer offen stand.


„Warum hat Eva das getan? Wenn ihr doch mindestens ein Paradies für immer offen stand? Das werden wir nie wissen. Denn Trotz braucht keine Rechtfertigung, keinen moralischen Überbau oder gar eine Gottheit.”

Trotz als Grundbaustein des Widerstands 


Immer wieder findet sie Ereignisse in der Geschichte, in denen Trotz eine wesentliche Rolle für gesellschaftlichen Fortschritt spielte: Rosa Parks, die zur Zeit der Segregation in den USA ihren Sitzplatz im Bus nicht aufgeben wollte, und Marsha P. Johnson, die an vorderster Front des Widerstands der LGBTQ+-Community bei den Stonewall-Protesten 1969 stand und für viele Queere bis heute als Symbol des Widerstands gilt. Sogar Angela Merkel verdient in von Rönnes Buch zwei Seiten für ihren vermeintlichen Trotz, als sie den Weg für die Ehe für Alle ebnete, selbst aber gegen den Entwurf stimmte. „Vollkommener kann der Trotz nicht sein“, findet von Rönne, „sich selbst in Frage zu stellen für eine Grundsatzfrage, die sie nur verlieren konnte, und sich dann doch auf der Verliererseite zu positionieren.“ Definiert man den Begriff wie Ronja von Rönne, mag wohl in vielen Menschen in der Politik waschechte Widerstandskämpfer:innen schlummern. 


Aber was ist denn jetzt eigentlich “Trotz”?


Doch von Rönne ringt selbst mit einer klaren Definition des Wortes. Immer wieder nimmt sie Anlauf, versucht der Emotion eine eindeutige Gestalt zu geben – am Ende bleibt uns der Essay jedoch einer Definition schuldig. 

Trotzdem finden sich in allen Widerstandshandlungen- und Phänomenen, von denen in Ronja von Rönnes Essay die Rede ist ein Muster: Ein „Es reicht“- Empfinden und ein kollektiver Trotz, ein Aufbäumen, ein „Trotzmoment“. 

„Der Trotz nimmt eine mögliche Realität an, die noch in der Zukunft liegt, geht davon aus, dass diese erreichbar ist, und er erschafft sie dadurch.“

Autorin: Marah Göttsch




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